fotografie: hartenfelser | klacke
Zum 31.01.2021 schließt die Akademie für interdisziplinäre Prozesse »afip!« am Goetheplatz in
Offenbach
ihre Pforten mit der Abschiedsaktion »Skulpturenpark«
und damit auch erstmal mein Designstudio in der Ludwigstraße 112a Offenbach.
Der sympatische Kultur- und Experimentalraum, der seit Juli 2011 vom Künstler und Designer Lutz
Jahnke
als dauerhafte Zwischennutzung in dem ehemaligen Schlecker-Gebäude betrieben wird, muss nun nach
fast 10
Jahren einem neuen und lukrativeren Bespielungskonzept weichen. Zum Abschluss ruft die afip mit
einem
57-tägigen Skulpturenpark zu einer Hommage an die Subkultur in der ganzen Stadt auf:
www.afip-hessen.de/skulpturenpark
Mit durchschnittlich 100 Veranstaltungen und 4500 Besucher*innen pro Jahr, gehört die »afip!«
fest zur
Kulturszene Offenbachs und dem RheinMain-Gebiet. Tanz, Theater, Lesungen, Vorträge, Wortkunst,
Workshops, politischen Veranstaltungen, Ausstellungen, hochkarätige Konzerte, Happenings und
Festivals —
ab jetzt nicht mehr… :(
Deshalb noch wichtiger: die »afip!« setzt sich mit den Bedürfnissen und Ängsten der Menschen
auseinander
und geht aktiv auf ihre Themen ein. Jeder kann sich einbringen, mitwirken und das Konstrukt
»afip!« für
sich nutzen. Hier werden Ideen und Initiativen geboren, Projekte und Persönlichkeiten
entwickelt,
Zusammengehörigkeit und Zukunft geformt. Von Energiesparen bis Konsumkritik reichen die Fragen,
von
Experiment bis Konzert die Antworten. Ein selten gewordener, kostbarer Freiraum für eine
demokratische
Gesellschaft.
»Ich bin sehr dankbar für die großartige Möglichkeit, dass die »afip!« über eine so lange Zeit
diesen
Ort mitten in Offenbach mit buntem Leben, hochkarätigen Veranstaltungen und verrückten Ideen
füllen
dürfte. Jetzt geht es für uns anderswo weiter.«
Rückblick: Nach seinem Studium an der HfG Offenbach stieß Jahnke bei der Suche nach einem
interessanten
Büro im Frühling 2011 auf den seit Jahren leerstehenden Schlecker-Laden am Goetheplatz. Nach
einiger
Recherche war der Inhaber gefunden und bereit Jahnke die 600qm Fläche günstig für ein paar
Monate zur
Zwischennutzung zu überlassen.
Mit ein paar Freund*innen entstand – im leeren Raum auf Bierkisten sitzend – schließlich das
Konzept:
ein experimenteller Raum für alle, in dem vielfältige Strömungen und Themen unserer Zeit
gemeinsam
untersucht und interdisziplinär verschiedenste theoretische und praktische Arbeiten, Modelle und
Prozesse entwickelt werden. Eine Akademie für interdisziplinäre Prozesse – die »afip!«.
Essentielle Basis bildeten die wöchentlichen sogenannten »Forschungsseminare – bis heute über
500 mal –
bei denen sich Interessierte aller Couleur zu Diskussion und Ideenentwicklung trafen. Die
Ergebnisse
dieser Seminare manifestierten sich in regelmäßigen »Happenings«, bei denen die Ideen auf immer
neue,
kreative, oft performative Art umgesetzt und dem Publikum zugänglich gemacht wurden.
Schon die feierliche Eröffnung am 30./31.07.2011 war so ein Happening bunter Ideen, gefolgt von
Aktionen
wie: das HÖR ZOO KLANGspektakel, das Dschungel happening, das Monsterhappening am
Museumsuferfest, die
Offenbacher Wandzeitung, Stadtrundfahrten in der Mülltonne, Offtopia - das Utopie-Festival für
Offenbach, das Kanzlerduell der Offenbacher OB-Kandidaten das größte DIY-Orchester Offenbach
uvm.
Aber damit nicht genug. Jahnke wäre nicht Jahnke, wenn er mit seinem Faible für Kultur im
Allgemeinen und
Jazzmusik im Speziellen nicht unzählige Künstler*innen und Kulturhighlights in die afip geholt
hätte:
»Writers in Exile« – politisch verfolgte Autoren, »Kassiber in Leuchtschrift« die Show für
Slamkunst &
Musik, »Milonga Libre« – Weltkultur & High Heels, Les Brünettes, unzählige internationale
Jazzsternchen
und viele Fachleute ihres Gebietes.
So groß die Freude über den auf unbestimmte Zeit verlängerten Mietvertrag, so groß aber auch die
Herausforderungen der Örtlichkeit: sanierungsbedürftiger Zustand und nichtexistente Dämmung
lassen die
afip im Winter zum »Kühlhaus Offenbach« werden. Vandalismus zerstört die Frontscheibe,
Reibereien mit
den Anwohner*innen zerren an den Nerven. Auch die oft provozierende Person Jahnke selbst ist
nicht bei
allen beliebt. Finanzielle Mittel sind rar, und dann auch noch Corona.
Aber auch das ist Teil des Konzepts: Jede Krise als Chance verstehen und für schwierige
Situationen
kreative Lösungen finden. Die afip funktioniert dabei vor allem durch das Engagement der
Menschen –
jede*r bringt ein, was sie oder er kann. Handwerkliches Geschick, Beziehungen, Rat, eine
Heizung,
Arbeitszeit oder eben Spenden.
»Auch wenn es leider keine dauerhafte finanzielle Förderung gab, möchte ich mich herzlich für
die
Unterstützung vieler Einzelprojekte bedanken. Insbesondere die Dr. Marschner Stiftung, der
Kulturfond
Rhein-Main, ING Deutschland | Ingrid Schäflein, Stadtteilbüro Nordend, Convecto GmbH, Heizung |
Ivan
Soldo, Fonds Soziokultur, LAKS, Sabine Süßmann | GBO, die Vereinsförderung der Stadt Offenbach,
Fraktion
der Grünen | Stadt Offenbach, Michael Schwinn, das Offenbacher Kulturamt, Julia Diehl, Meike
Weber, Du!
und auch die vielen Privatspenden und -engagments haben Großartiges möglich gemacht«
Auch wenn die Zeit am Goetheplatz jetzt endet - mit der afip wird es weitergehen. Irgendwie,
irgendwo,
irgendwann. Denn Institutionen wie die afip sind gerade jetzt zu wichtig, als dass man sie
einfach
sterben lassen dürfte. Mit ihren Angeboten und Programmen macht die afip die Grundwerte einer
offenen
und freien Gesellschaft erlebbar. Sie lädt Menschen aller Schichten, Altersgruppen und Herkünfte
ein,
zusammenzukommen und lebendige Demokratie mitzugestalten. Sie fördert die Teilhabe und den
Dialog über
eine am Gemeinwohl orientierte Zukunft unserer Gesellschaft, vermittelt gleichzeitig Geschichte
und
gestaltet Erinnerungskultur. Sie lebt durch den aktiven Einsatz zahlreicher ehrenamtlicher
Helfer und
braucht Enthusiasten wie Lutz Jahnke, der allen Widrigkeiten zum Trotz Kultur stärkt, das
Miteinander
fördert und unsere demokratische Werte erhält.
Danke, Lutz Jahnke & weltbestes Team
Text: Julia Diehl | www.ux-co.de für www.afip-hessen.de
ihm gelingt es immer wieder, aus sehr wenig vieles entstehen zu lassen. 2010 präsentierte er während der luminale, der biennale der lichtkultur, zusammen mit julia diehl, die einzige unter 180 installationen, die ohne licht auskam: aus zehntausenden durchgebrannter glühbirnen gestalteten sie das größte birnendenkmal deutschlands. gedacht als kritik an politischen entscheidungen fernab der bürger. presse in ganz deutschland berichtete darüber. kurz darauf, vom gedanken inspiriert, sich bei allen helfern zu bedanken, entstand »das kleinste birnendenkmal europas«, die »kultur reserve« – eine einzige funktionierende glühbirne konserviert in der dose. nach 15.000 verkauften exemplaren meldete sich allerdings die europäische union und wollte das kunstwerk im zuge des europäischen verbots der glühbirne vom markt nehmen. sie erzwang einen verkaufsstopp. mit dem rechtsanwalt guido hettinger kämpft jahnke nun für dieses denkmal, „das gleichzeitig auch ein mahnmal sein soll für die faulen früchte der entscheidungen, die über unsere köpfe hinweg getätigt werden.“
mitte 2011, auf der suche nach einem büro, initiierte lutz jahnke eine neue aktion – zusammen mit
machern
aller disziplinen, rief er die akademie für interdisziplinäre prozesse – »afip!« ins leben. auf
600
quadrat-metern fläche entstehen seither in einem ehemaligen schlecker-markt utopien jeglicher
art.
professoren aus ganz deutschland reisen zu vorträgen an, politiker wie tarek al-wazir schätzen
die
akademie. seit 2011 entstehen in der »afip!« soziokulturelle und wirtschaftspolitische ideen,
immer
wieder auch in künstlerischer verpackung á la happening. lutz jahnkes profession ist die
schaffung von
markendesign. sein büro jahnkedesign »interdisziplinäres büro für gestaltung«, führt er seit
seinem
studium. „je nach dem, was meine kunden wünschen, entstehen erlebniswelten in schrift und bild,
on- und
offline. mal für eine aktiengesellschaft: Fresenius, Lufthansa Crago, mal für künstler, wie die
jazzsängerin stephanie neigel oder lily dahab“, gibt jahnke einblick in seine arbeit. die
kreativen
markenideen kommen mit witz oder überraschung daher - oft hat ein passant einer litfaßsäule nur
zwei bis
drei sekunden zeit, die botschaft zu erfassen. anspruch des designers: „da muss es knallen!“.
seit ende
2008 hat jahnke mehr als 450 kleine und große projekte umgesetzt – immer spielend mit bild, film
und
text... Mut&Liebe
mehr zu sehen gibt es auf seiner
webseite:
www.jahnkedesign.com
fotografie: sascha klacke
mein kulturtip...da ist etwas in mir — fragil & waghalsig:
von lutz jahnke
die menschliche sinnfindung besteht darin, die furchteinflößenden wirren ihrer gesellschaft auf ein gemeinhin verständliches maß zu reduzieren — so keimt ein gefühl von identifikation, sicherheit und freiheit auf. leider ist das alles was uns menschen möglich ist, denn danach bin »ich« zumindest meist völlig erschöpft. darüber hinaus gibt es allerdings irrsinnige, waghalsige, spinner — die mit all ihrer kraft daran arbeiten über diese unvollkommenheit hinaus zu ragen. sie beginnen soziokulturelles & wirtschaftspolitisches zu verorten. das geht heute online wie nie zuvor. trotz allem ist es unentrinnbar — das ist der gedanke der philanthropie und des lateralen denkens — die intuition zu nutzen, um neues zu erschaffen.
solche orte, die sich intuitiv in eine ungewisse zukunft erfrechen, gibt es bei ihnen an der
temporären
straßenecke, in der nächsten bedrohten nische und im unbeleuchteten hinterhof — orte des
netzwerks, die
herausfordern mit zu gestalten, werte erschaffen, bildung belichten — zur formung und förderung
von sinn
bitten. mit der wenigen zeit die ihnen und mir zwischen existenzsicherung und sinnfindung
bleibt, können
wir trotzdem täglich auf eine riesige sich selbstausbeutende dosis an enthusiasmus stoßen —
finden sie
ihn — buttern sie ihn zu, mutwillig — und dann: »erzählen sie davon!«.
für eva-maria
magel
#kunstverbot
julia diehl & lutz jahnke setzen der glühbirne ein denkmal, dass nach 15.000 verkäufen europaweit verboten wurde!
01 september 2012: die glühbirne ist europaweit verboten
nichts bewegt die welt mehr als das licht — deshalb haben wir ihm ein denkmal für alle
nostalgiger und
ein mahnmal für alle die immer noch wahllos energie verschwenden gesetzt. die kultur reserve ist
die
antwort auf die faulen früchte der eurokratie. und ein kleines zeitgenössiches kunstwerk das sie
unbedingt in ihren besitz bringen müssen.
inhalt: funktionsfähige glühbirne
verlag: www.metermorphosen.de
isbn: 978-3-934657-58-8
mit dem größten birnendenkmal deutschlands entwickelten diehl & jahnke ein gletscher-artiges
gebilde zur
luminale. durchgebrannte glühkörper aus ganz deutschland wurden als lichtkunstwerk präsentiert,
ohne
strom zu verbrauchen. mit der kultur reserve, dem kleinsten birnendenkmal europas, setzten die
beiden
der glühbirne ein 15.000 mal verkauftes weiteres denk-/mahnmal und machten damit deutschlandweit
furore.
presse:
ntv.de
börsenblatt.de
fokus.de
journal-frankfurt.de
made by julian flockton
road movie ukraine — ein 65 min. dokumentarfilm der filmemacher olga petrova & lutz jahnke
interactive vortrag auf dem unternehmerinnenforum ihk-frankfurt von julia diehl & lutz jahnke
making-of, kunstdenkmal auf vorstandsetage bei fresenius se in bad homburg von lutz jahnke
diplom designer lutz jahnke
jahnkedesign.com — »interdisziplinäres büro für gestaltung«
+49 179 123 2004 | hello@jahnkedesign.com
jahnkedesign.com | fb.com/jahnkedesign